22.11.2013 / komba gewerkschaft nrw

Feuerwehr-Info 12/2013

Bild: © Lisa Schwarz / pixelio.de

Einsatzleiter vom Dienst leistet Bereitschaftsdienst - Urteil Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

In einem Grundsatzurteil vom 26.06.2013, Az.: 4 S 94/12, hat sich der VGH Baden-Württemberg mit der Frage befassen müssen, ob der Dienst eines Einsatzleiters vom Dienst (EvD) bei der Feuerwehr Ulm als Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst zu werten ist. Das Gericht hat dazu folgenden Leitsatz veröffentlicht: „Der Einsatzleiter vom Dienst einer Feuerwehr verrichtet zur Arbeitszeit zählenden Bereitschaftsdienst, wenn er außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit ein dienstliches Einsatzfahrzeug mitführen, über einen Funkalarmempfänger ständig erreichbar sein und mit einer Alarmierung während dieser Zeit regelmäßig rechnen muss.“

Der Kläger ist Beamter des gehobenen Dienstes im Tagesdienst. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Funktion Einsatzleiter vom Dienst. Dazu hat er neben seiner Arbeit im Tagesdienst einen 24-Stunden-Dienst, direkt im Anschluss an seinen Tagesdienst oder an Wochenenden zu leisten, den er von zu Hause aus erbringt. Während des EvD-Dienstes hat der Kläger ein dafür bereit gestelltes Dienstfahrzeug mitzuführen und muss über einen Funkalarmempfänger ständig erreichbar sowie sofort einsatzbereit sein. Im Falle einer Alarmierung hat er ohne zeitliche Verzögerung mit seinem Dienstfahrzeug die Einsatzstelle im Stadtgebiet aufzusuchen, um dort die Einsatzleitung zu übernehmen. Nach den Feststellungen des Leiters der Feuerwehr  müsse man am Wochenende von ein bis zwei Einsätzen pro Tag ausgehen, unter der Woche von sechs bis acht je zehn häuslicher EvD-Dienste.

Nach Auffassung des Gerichts „spricht bereits einiges dafür, dass sich der Einsatzleiter damit - den vom Gerichtshof der Europäischen Union formulierten charakteristischen Merkmalen der Arbeitszeit entsprechend - „an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten und sich zu dessen Verfügung zu halten [hat], um gegebenenfalls sofort seine Leistungen erbringen zu können“. Denn der Ort der Dienstverrichtung im Fall einer Alarmierung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit ist schließlich nicht die Feuerwache, sondern der zumeist (irgendwo) im Stadtgebiet gelegene Einsatzort.“

Da der Beamte innerhalb kürzester Zeit seinen Dienst aufnehmen muss, wird damit letztlich auch die dem Beamten grundsätzlich zustehende Bestimmung des Aufenthaltsorts durch den Dienstherrn bzw. durch die dem Feuerwehrdienst innewohnenden Sachzwänge stark beschränkt; die zeitlichen Vorgaben nehmen dem Kläger - auch wenn er sich zuhause aufhalten kann - die Möglichkeit, sich frei zu bewegen und sich auch anderen privaten Interessen und Hobbys oder familiären Angelegenheiten zu widmen.

Das Gericht hat darüber hinaus noch die Anzahl der im EvD anfallenden Einsätze bewertet und hierzu festgestellt: „Hinzu kommt die bereits vom Verwaltungsgericht herausgestellte Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der „häuslichen Alarmbereitschaft“, die dieser das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz gibt, sodass sich diese Zeit bei wertender Betrachtung nicht mehr als Rufbereitschaft darstellt, die lediglich sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird.“ Bei den nicht bestrittenen Einsatzzahlen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Einsatzalarmierung während eines EvD-Dienstes die Regel und nicht die Ausnahme darstellte. Es war dem diensthabenden Einsatzleiter nicht verlässlich möglich, die - an sich als dienstfrei vorgesehene - Zeit während der Bereitschaft so zu gestalten, dass er in hinreichendem Maß Ruhe und Erholung finden kann. Daher kann nach Auffassung des Gericht nicht mehr von Rufbereitschaft, sondern von Bereitschaftsdienst gesprochen werden. Dieser ist als Arbeitszeit zu werten und entsprechend auszugleichen.

Leider hat der VGH noch nicht darüber entschieden, in welchem Umfang Freizeitausgleich bzw. eine finanzielle Entschädigung zu gewähren bzw. zu zahlen ist. Da es sich nur um ein Teilurteil handelt, muss nun das VG Sigmaringen über diese Fragen entscheiden.

Das Urteil des VGH ist nicht nur auf baden-württembergische Beamte anzuwenden, sondern hat bundesweite Bedeutung. Dieses Urteil bewegt sich auf der Ebene der gängigen Rechtsprechung des BVerwG und des BAG.

Es ist nach Auffassung der komba gewerkschaft auf vergleichbare Beamte in allen Feuerwehren zu übertragen, die einen ähnlichen Dienst verrichten. Dabei wird sicherlich jeder Einzelfall gesondert zu bewerten sein. Zudem sollte auch die Einsatzhäufigkeit innerhalb des EvD ermittelt werden. Kommt es kaum zu Einsätzen, sind diese also relativ selten, könnte es fraglich sein, ob das Urteil Anwendung findet. Wenn allerdings, wie in Ulm, am Wochenende ein bis zwei Einsätze pro Tag vorkommen  und unter der Woche von sechs bis acht je zehn häuslicher EvD-Dienste ausgegangen werden kann, dürften Ansprüche auf Ausgleich bestehen.

Der vergleichbare Beamte sollte einen Antrag auf Ausgleich der Stunden stellen, wie er im Anhang formuliert ist. Der Antrag sollte noch in diesem Jahr gestellt werden. Gleichzeitig sollte eine Erklärung vom Dienstherrn verlangt werden, dass dieser den Eingang des Antrages bestätigt und auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Die Regelungen der Verjährung sind zu beachten. Bei den monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungs-frist mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Danach können auf jeden Fall Ansprüche für das Jahr 2013 geltend gemacht werden. Sofern man davon ausgeht, das hier u. U. auch ein unionsrechtlicher Entschädigungsanspruch entsprechend der Rechtsprechung des BVerwG vom 26.07.2012, z.B. Az.: 2 C 29.11, in Betracht kommt, kann sogar eine dreijährige Verjährungsfrist zum Tragen kommen. Vor diesem Hintergrund können Ansprüche bis zum Jahr 2010 geltend gemacht werden.

Von der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg werden nur Rufbereitschaften im Sinne eines EvD erfasst. Andere, bei den Feuerwehren bestehende Rufbereitschaften, in denen nicht der sofortige Einsatz gefordert wird, dürften von dem Urteil nicht betroffen werden.

Köln, 21.11.2013
V.i.S.d.P.: Eckhard Schwill, Justiziar der komba gewerkschaft, Norbertstr. 3, 50670 Köln


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