05.11.2013 / komba gewerkschaft

komba gewerkschaft: Demografischen Wandel als Innovationsprozess begreifen

Kommunalfinanzen, altersgerechtes Leben, Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie Schulträgeraufgaben werden die wichtigsten und gleichzeitig herausforderndsten kommunalen Handlungsfelder der Zukunft sein. Öffentliche Verwaltung nicht als Zustand sondern als Prozess begreifen

Berlin, 4. November 2013. „Wir dürfen uns von den sich abzeichnenden Entwicklungen in der Altersstruktur unserer Gesellschaft nicht ins Bockshorn jagen lassen, sondern müssen den demografischen Wandel als Innovationsprozess begreifen, der uns zahlreiche neue Chancen und Potenziale bietet“, so Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft und stellvertretender Bundesvorsitzender des deutschen beamtenbundes und tarifunion (dbb), am 4. November 2013 im dbb forum in Berlin beim dritten gemeinsamen Symposium von komba gewerkschaft und Bertelsmann Stiftung. Rund 100 Führungskräfte und Vertreter aus dem öffentlichen Dienst sowie die Referenten aus Politik und Verbänden stellten sich dabei dem Thema „Kommunen der Zukunft“.
Die Entwicklung der Kommunen in den kommenden Jahren sei ein altes, aber nach wie vor brandaktuelles Thema, welches gerade bei den laufenden Koalitionsverhandlungen an oberster Stelle gehöre. Lebenswerte Kommunen seien nur mit einer ausreichend guten finanziellen Ausstattung und nachhaltigen Strategien handlungsfähig für die Herausforderungen der Zukunft, so Silberbach. „Jetzt können mit einer Umstrukturierung althergebrachter Formen die Stellschrauben für die Kommunen 2030 gestellt werden – dazu zwingen uns regelrecht der demografische Wandel wie auch die Globalisierung.“

Den öffentlichen Dienst nicht als Zustand, sondern als Prozess begreifen
Dem Appell nach Bewusstseinswechsel auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite schloss sich Dr. Gerd Landsberg, geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, an: „So, wie sich die Gesellschaft ständig verändert und weiterentwickelt, muss auch der öffentliche Dienst sich stetig modernisieren.“
Ob die Menschen sich in ihrer Stadt oder Gemeinde sicher fühlen, ob die Wirtschaft gute Rahmenbedingungen für Wachstum vorfindet und auf eine leistungsfähige Infrastruktur vertrauen kann, hänge gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung ganz entscheidend von der Gestaltung durch die Verwaltung vor Ort ab, so Dr. Landsberg. Das setze allerdings voraus, dass der öffentliche Dienst attraktiv bleibt. Dies gehe aber nicht mit einem anhaltenden Personalabbau bei gleichzeitiger Erhöhung der Aufgabenfülle und -breite.
Das öffentliche Dienstrecht müsse weiterentwickelt, die Ausbildung modernisiert, die Fortbildung verstärkt, Dienstherrenwechsel und die Kooperationen zwischen Verwaltungen erleichtert werden. Es bedarf weiterer Anstrengungen bei der Personalgewinnung und Personalentwicklung sowie der interkulturellen Öffnung der Verwaltungen. Dr. Landsberg: „Wenn wir diese Ziele im Auge behalten, dienen wir den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch der Zukunftsfähigkeit unseres Landes.“
„Die Herausforderungen, denen sich die Städte und Gemeinden und darin besonders die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den kommenden Jahrzehnten stellen müssen, erfordern die Zusammenarbeit von Arbeitgebern, Politik und Gewerkschaften genauso wie die Einbindung von Bund, Ländern und Bürgern, damit die Attraktivität der Städte und Gemeinden als Lebens- und Arbeitsraum aufrecht erhalten und erhöht werden kann“, so Silberbach. Demografie sei keineswegs das alleinige Problem der Kommunen, sondern die Realität, die alle und alles in Deutschland schon seit langem beeinflusst. Hinzu käme die Globalisierung, bei der ein lebenswertes und sicheres kommunales Umfeld maßgeblich an Bedeutung gewonnen habe. „Insofern schaffen wir es nur, wenn alle an einem Strang ziehen und Verantwortungen, Strukturentwicklung und Zuständigkeiten vernünftig umverteilen“, fordert Silberbach.

Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienst stärken
Die Finanzierung kommunaler Haushalte und ebenso die Aufrechterhaltung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Kommunen waren wesentliche Fragen der Veranstaltung über mögliche Handlungsfelder der Zukunft. In ihrem Fazit zum Symposium betonte Dr. Eva Lohse, Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, dabei, dass es nicht sein könne, dass Länder sich aufgrund ihrer eigenen Schuldenproblematik aus der Pflicht nehmen, ihre Kommunen zu entlasten. Der Bund sei - so auch eine Forderung des Deutschen Städtetages an die neue Regierung - in der Verantwortung zu helfen - gesamtgesellschaftlich und gesamtstaatlich. Dabei solle sich die Hilfe mehr nach dem Bedarf orientieren und weniger nach Groß- oder Kleinstadt beziehungsweise Ost oder West. Kooperationen zwischen Bund und Kommunen sollten erleichtert, Mittel weniger über die „klebrigen Hände der Länder“ verteilt werden. Zudem solle die Gewerbesteuer als wichtige Einnahmequelle erhalten bleiben und die interkommunale Zusammenarbeit gefördert werden.
„Viele Stellschauben, an denen die Kommunen auch selbst drehen könnten, sind am Anschlag. Es ist schlichtweg ein Skandal, dass der öffentliche Dienst mit den haushalterischen Vorgaben der vergangenen Jahre von der Politik sehenden Auges an den Rand seiner Funktionsfähigkeit getrieben worden ist. Nachhaltige Personalbedarfsplanung und -rekrutierung: Fehlanzeige. Wettbewerbsfähige Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen: Fehlanzeige. Ganzheitliches Gesundheitsmanagement, tragfähige Diversifizierungsstrategien: Fehlanzeige. So ist kein Staat zu machen“, zeigte sich auch der komba-Bundesvorsitzende enttäuscht. „Starke öffentliche Dienstleistungen, die die Einhaltung von Recht und Gesetz, Daseinsvorsorge und eine funktionierende staatliche Infrastruktur garantieren und damit ein international entscheidender Standortfaktor sind, sind nicht zum Nulltarif zu haben.“

Online-Umfrage: Wie sehen die Kommunen ihre Zukunft?
Dem Symposium vorausgegangen war diesmal eine von der Bertelsmann Stiftung organisierte Online-Umfrage „Wie sehen die Kommunen ihre Zukunft?“ bei Hauptverwaltungsbeamten, Fraktionsvorsitzenden und Personalräten. Deren Ergebnis stellte am Vormittag der Veranstaltung Prof. Dr. Dr. Helmut Schneider, Lehrstuhl für Marketing und Dialogmarketing der Steinbeis-Hochschule in Berlin, vor. Dabei bewerteten die 1.288 Teilnehmer aus 800 Kommunen mit mehr als 5.000 Einwohnern ebenfalls die Kommunalfinanzen, aber auch altersgerechtes Leben, Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie Schulträgeraufgaben als die wichtigsten und gleichzeitig herausforderndsten kommunalen Handlungsfelder der Zukunft. Als zentrale Lösungsstrategien in diesen Handlungsfeldern seien aus ihrer Sicht die interkommunale Kooperation, auch besonders im Öffentlichen Personen-Nahverkehr, und im Bereich eines altersgerechten Lebens eine stärkere Einbeziehung der Bürger sinnvoll und funktional, so Prof. Schneider. Aber auch Bund und Länder müssten bei der Aufgabenverteilung mehr eingebunden werden und sich strikt an die Konnexität halten.
Bei der Frage nach der Eignung des aktuellen Ausbildungssystems im öffentlichen Sektor vor dem Hintergrund kommunaler Herausforderungen der Zukunft zeigten sich die Befragten weitestgehend zufrieden. Norman Rosenland, Bundesvorsitzender der komba jugend: „Die Ausbildung der Nachwuchskräfte im öffentlichen Dienst ist überwiegend gut. Die jungen Kolleginnen und Kollegen sind hochqualifiziert und fit für die Zukunft. Damit jedoch das hohe Niveau gehalten werden kann, ist es unabdingbar, den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Das bedeutet: Neben der Sicherheit der Arbeitsplätze, welche für junge Leute auch im öffentlichen Dienst längst nicht mehr selbstverständlich ist, muss dringend etwas an den Einstiegsgehältern getan werden - sie sind definitiv für junge Leute zu niedrig und damit unattraktiv.“

Weitere Informationen:

Pressemitteilung der komba gewerkschaft zum Symposium "Kommunen der Zukunft", 4. November2013, als pdf-Dokument zum Downloaden.

Positionspapier der komba gewerkschaft "Demografieorientierte Personalentwicklung" als pdf-Dokument zum Downloaden

Sonderseite, Bildergalerie, Downloads und Links zum Symposium "Kommunen der Zukunft"

Nach oben
Nach oben
KONTAKT

komba gewerkschaft thüringen

Tschaikowskistraße 22

99096 Erfurt

Tel.: 0361 21260852

E-Mail: info(at)komba-thueringen.de

Nach oben
Imagefilm der komba gewerkschaft

Imagefilm der komba gewerkschaft

Nach oben
Elf gute Gründe für eine Mitgliedschaft

Elf gute Gründe für eine Mitgliedschaft in der komba gewerkschaft

Nach oben
Mitglied werden

Mitglied werden

Nach oben